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Presseartikel

 
Samstag, 29. Aug 2020

Stein im Wasser und die Wellen

Auftakt Wirft man einen Stein ins Wasser, zieht er Wellenkreise. So will das kommunale Küefer-Martis-Huus von Ruggell ausgehend ab heute Samstag bis und mit 17. Januar mit dem Ausstellungsreigen «Der Stand der Dinge» lokales und regionales Kunstschaffen fördern.

Begonnen hat alles mit einer Absage. Und mit der Erkenntnis, dass man in Coronazeiten kreativ werden muss. Denn eigentlich, erklärt Küefer-Martis-Huus-Leiter Johannes Inama bei unserem Vorabbesuch, hätte das Haus auf Mai dieses Jahres eine grosse Ausstellung zum Thema «Bienen» zusammen mit dem Imkerverein geplant gehabt. Dann kam der Corona-Lockdown und bodigte das Ausstellungsvorhaben. Als dann die ersten Coronaerleichterungen in Sicht kamen, wollte man die Bienen-Ausstellung im Herbst starten. Aber da erklärten die Imker, dass sie im Herbst nicht mehr genügend aktive bzw. lebendige Bienenvölker beisteuern könnten, weil sich die Bienenaktivität nach den Jahreszeiten richtet. Ausserdem eigne sich das Thema ohnehin besser für eine Frühjahrsausstellung. So weit, so nachvollziehbar. Doch was tun stattdessen?

Kommunale Kulturszene fördern

Da kam Johannes Inama noch im Frühjahr als Leiter des kommunalen Ruggeller Kulturzentrums Küefer- Martis-Huus mit dem Ruggeller Multimedia-Künstler Arno Oehri ins Gespräch. Nachdem Arno Oehri gerade eine IG-Kultur-Initiative lanciert hatte, bei der unter grosser Beteiligung von einheimischen Kulturschaffenden das Land Liechtenstein gebeten wurde, sich neben der coronabedingt angeschlagenen Wirtschaft auch um die Unterstützung der ebenfalls angeschlagenen Kulturszene im Land zu kümmern, stand auf einmal die Frage im Raum, ob neben dem Land nicht auch die Gemeinden einen aktiven Beitrag zur Förderung der lokalen Kulturszene leisten könnten. Und zwar ganz einfach durch lokale Ausstellungen, die – wenn auch mit Sicherheitsauflagen – wieder möglich waren.
Sechs Ruggeller Kunstschaffende – neben Arno Oehri noch Simon Egger, Gertrud Kohli, Damiano Curschellas, Stephan Sude und Helmut Gopp – waren rasch gefunden. Zwölf weitere Kunstschaffende aus dem Land und der Region kamen noch dazu. Damit wuchs das Ganze zum grösseren Projekt mit der Idee, dass je drei Kunstschaffende jeweils drei Wochen lang das Küefer-Martis-Huus mit ihren aktuellen oder älteren Werken bespielen sollten. Zwischen jeder 3-Wochen-Ausstellung wurde eine Woche für den Umbau eingeplant, sodass bis und mit 17. Januar 2021 sechs Ausstellungen mit insgesamt 18 Kunstschaffenden organisiert werden konnten. Der im Corona-Lockdown entstandene Arbeitstitel für den Ausstellungsreigen – «Der Stand der Dinge» – erwies sich letztlich als tragfähig genug für das eigentliche Projekt. Denn über den Fördergedanken für das lokale und regionale Kunstschaffen hinaus soll der Ausstellungsreigen vor allem eine aktuelle Standortbestimmung für die Kunstschaffenden und die Ausstellungsbesucher bieten und damit durchaus auch ein Stück Normalität in aussergewöhnliche Zeiten zurückbringen.

Kunst passt zum Haus

Nach einem kurzen Vorabrundgang durch die heute Nachmittag startende Auftaktausstellung mit den drei Künstlern Werner Casty, Simon Egger und Arno Oehri konnte man als Berichterstatter schon einmal ein spannendes Fazit ziehen: Selten einmal fügte sich die ausgestellte Kunst so organisch in die Ausstellungsräume wie bei diesem Anlass. Als würden die Kunstwerke mit dem Haus und das Haus mit den Kunstwerken sprechen. Da sind vom Dachboden ausgehend Simon Eggers ungewöhnliche Schwarz-Weiss-Fotografien von Ruggeller Rheinkiesbänken, auf denen Egger mit zusammengetragenen weissen Steinen auf dem grau-schwarzen Kiesuntergrund die drei geometrischen Grundformen Linie, Kreis und Quadrat gebildet hat. Mit einer Kameradrohne von oben aufgenommen mutieren diese steinernen Konstellationen zu archaischen Landschaftsbildern mit raunend kultischem Charakter. Auch die beiden Gipsgüsse «Wiese, gekämmt» und «Holz, gepresst» auf dem Dachboden erscheinen urtümlich. Letztlich fügt sich auch die grossformatige Frottage «Parkett und Klebstreifen» im Treppenaufgang ganz organisch in den Bretterhintergrund des Hauses.
Werner Castys Bleistiftzeichnungen auf Papier, auf dem bei Gebirgswanderungen entstandene Fotos von steinernen und pflanzlichen Naturausschnitten in minutiöses und lichtes Grafit umgesetzt sind, bilden eine zufällige Parallele zu Simon Eggers Steinfotografien. Arno Oehris Aquarellsilhouetten von Menschen und Madonnenstatuen auf feinem Japanpapier sind hingehauchte Trigger für die menschliche Wahrnehmung, genauso wie die Installation «Madonna dell’Isolamento» im Erdgeschoss, bei der neun Digitalprints einer Madonnensilhouette auf Fahnenstoff ein gefinkeltes Spiel zwischen Licht und Schatten und Wahrnehmungsübergängen bilden. (jm)

Die sanfte Eröffnung zur ersten «Stand der Dinge»-Ausstellung im Küefer-Martis-Huus erfolgt heute Samstag von 15 bis 20 Uhr.