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Presseartikel

 
Samstag, 28. Nov 2020

Eine Lösung fürs Ruggeller Riet

Pilotprojekt Das Ruggeller Riet leidet seit Jahrzehnten unter Überdüngung und Austrocknung. Nun liegt eine Lösung zur Vernässung vor, um aus einem Teil des Gebiets wieder das Flachmoor zu machen, das es einst war.

Das Ruggeller Riet ist ein Naturjuwel, das nicht nur zum 300. Jubiläum des Landes gerne als Besonderheit präsentiert wurde. Das Flachmoor von damals ist das Naturschutzgebiet allerdings nicht mehr. Experten beklagen seit Jahrzehnten eine zunehmende Austrocknung. Als Hauptursache gelten die zunehmende Überdüngung durch die landwirtschaftliche Nutzung und die damit zusammenhängende Entwässerung. Aus den mageren Wiesen mit einer grossen Artenvielfalt wurden vielerorts monotone Schilfwiesen, auch die amerikanische Goldrute macht sich breit – der Klimawandel dürfte das Problem in den nächsten Jahren verschärfen.

Auf der Suche nach Lösungen

Auch die Politik erkannte Handlungsbedarf und ging auf Lösungssuche, um das Naturschutzgebiet vor weiteren Schäden zu bewahren. Im Rahmen eines Pilotprojekts soll geprüft werden, ob das Ruggeller Riet wieder vernässt werden kann. So soll vor allem während Trockenperioden genügend Wasser im Riet gehalten werden. Dadurch wird die Torfbildung gefördert, was auch zur CO2-Kompensation beiträgt, da Torf Kohlendioxid speichert. Für das Projekt soll eine bestimmte Fläche eingestaut werden, um die Wirkung auf die Vegetation und das Umland untersuchen zu können. Das kann man sich gemäss Oliver Müller vom Amt für Umwelt in etwa so vorstellen: Mithilfe von ein paar Brettern wird bei einem Bach das Wasser zurückgestaut. Dadurch tritt der Bach über das Ufer und vernässt angrenzende Flächen. Sobald dies nicht mehr erwünscht ist, werden die Bretter wieder entfernt. Was für Laien zunächst ziemlich simpel klingt, ist in der Praxis natürlich komplexer. So sollen ja einerseits ganz gezielt Flächen bewässert werden, umgekehrt darf es bei starkem Regen aber nicht zu Überschwemmungen kommen. Dafür braucht das Stauwehr laut Müller neben einem Grundablass auch einen höhenverstellbaren Überlauf.
Eine weitere Herausforderung ist, dass das Ruggeller Riet wegen Bodensackung heute etwa einen halben Meter über dem Umland liegt. Dadurch besteht die Gefahr, dass sich Wasser auch auf den umliegenden landwirtschaftlichen Flächen staut. Ausserdem wäre an manchen Stellen im Ruggeller Riet eine Koordination mit Vorarlberg nötig, was das Projekt erschwert.

Der Favorit steht fest

In einem Variantenstudium prüften Experten verschiedene Möglichkeiten für einen temporären Wasserrückhalt. Die Ergebnisse liegen mittlerweile vor. Aus drei möglichen Standorten kristallisierte sich der mittlere Riedgraben als am geeignetsten für das Pilotprojekt heraus. Die Vorteile liegen neben der technischen Umsetzbarkeit auch in der grösseren eingestauten Fläche, auch aus hydrologischer Sicht und wegen ihrer Wirkung auf die Vegetation wird diese Variante bevorzugt. Zudem ist das Risiko, angrenzende Landwirtschaftsflächen zu vernässen, gering. Durch eine bauliche Abdichtung soll auch ausgeschlossen werden, dass nach und nach Wasser einsickert. Allerdings ist die Einstauhöhe grösser als bei den anderen Varianten. Ein weiterer Nachteil ist, dass sich ein Teil der betroffenen Parzellen nicht im Eigentum des Landes befinden.
Die Eigentümer seien aber bereits informiert worden, zudem sollen weitere Gespräche geführt werden, heisst es auf «Volksblatt»-Anfrage beim Amt für Umwelt. «Sollten sich dort Probleme ergeben und ein Eigentümer mit dem Bau des Wehrs auf seinem Grundstück nicht einverstanden sein, so könnte die Lage des Wehrs auch angepasst werden und ein anderer Standort gesucht werden», so Oliver Müller.
Auch den Gemeinderäten der zwei Standortgemeinden Ruggell und Schellenberg wurde das Projekt mittlerweile präsentiert. Vergangene Woche wurden weitere Betroffene wie die Liechtensteinische Gesellschaft für Umwelt (LGU), die Botanisch-Zoologische Gesellschaft (BZG) und die Vereinigung bäuerlicher Organisationen (VBO) informiert. Diese Woche fand zudem ein Lokalaugenschein statt, um offene Fragen zu klären.
Im Anschluss werden die Detailpläne zur Umsetzung erarbeitet. Zudem braucht es für das Projekt ein Bewilligungsverfahren nach Naturschutzgesetz, ob auch eine Bewilligung nach Baugesetz nötig ist, werde derzeit noch abgeklärt. Jedenfalls benötigt es für die Umsetzung grünes Licht aus Ruggell und Schellenberg. Bis wann die notwendigen Bewilligungsverfahren rechtskräftig abgeschlossen sind, lässt sich noch nicht sagen.