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Presseartikel

 
Montag, 19. Jul 1999

Schusswechsel in Ruggell

Zwei Tote an der Grenze Ruggell-Bangs - Grenzwächter und Fahrzeuglenker erschossen

Bei einem Schusswechsel an der Grenze Ruggell-Bangs sind in der Nacht auf Samstag ein 53-jähriger Schweizer Grenzwächter und ein 42-jähriger deutscher Fahrzeuglenker getötet worden. Im VW Santana mit deutschem Kennzeichen fand die Polizei Waffen, Waffenteile und Munition. Der Tatort befindet sich im Bangserfeld nahe Ruggell auf liechtensteinischem Boden.

Die beiden Schweizer Beamten hatten auf ihrer Patrouille gegen 23.30 Uhr ein verdächtiges Fahrzeug auf einem Feldweg im Bangserfeld nahe Ruggell kontrollieren wollen. Mit guten Ortskenntnissen, so der Zoll in Feldkirch, könne man über diesen Weg und die angrenzende Wiese sogar mit einem Auto die grüne Grenze passieren. Der Radweg selbst ist an der Staatsgrenze durch eine Schranke gesperrt. Nach Angaben des Grenzwachtkommandos II eröffnete der Fahrzeuglenker unvermittelt das Feuer auf die Grenz-wächter. Hierbei wurden ein Grenz-wächter und der deutsche Fahrzeuglenker tödlich getroffen. Beide wurden nach Polizeiangaben vom Sonntag in den Rumpf getroffen. Der Beamte hinterlässt eine Frau und zwei erwachsene Kinder. Der zweite Beamte habe sich im Gebüsch versteckt und per Funk Hilfe herbeigeholt. Berichte der Sonntagspresse, wonach der zweite Grenzbeamte dank seines Funkgeräts, das eine Kugel abfing, gerettet wurde, bestätigte Uwe Langenbahn, Stabschef der Landespolizei, auf Anfrage des VOLKSBLATTS nicht. Uwe Langenbahn sagte nur, dass das Gerät nicht unbeschädigt geblieben sei und kriminaltechnisch untersucht werde.

Waffen im Fahrzeug

Im Fahrzeug des Täters wurden Waffen und Munition gefunden. Anfragen bei Interpol ergaben, dass der Mann kriminalpolizeilich bekannt war, wie Langenbahn sagte. Er machte keine Angaben über die Delikte. Der Stabschef der Landespolizei betonte, dass nun herausgefunden werden müsse, weshalb dieser Mann dort war und für wen die Waffen bestimmt gewesen seien. Solche Untersuchungen würden jedoch einige Zeit brauchen. Das Auto des Täters wurde versiegelt und wird am Montag kriminaltechnisch untersucht. Laut Langenbahn wurden bei dem Vorfall zwischen fünf und zehn Schüsse abgefeuert. Genauere Abklärungen würden derzeit vorgenommen. Bis Anfang nächster Woche seien erste Erkenntnisse zu erwarten. Das Institut für Rechtsmedizin St. Gallen nimmt die Abklärungen vor.

Oberzolldirektor Rudolf Dietrich sagte am Sonntag auf Anfrage der Nachrichtenagentur SDA, der Zoll ergreife nach dem zweiten Beamtenmord innert anderthalb Jahren keine Sofortmassnahmen. So traurig es sei, gehöre ein solcher Vorfall in Zeiten steigender Gewaltbereitschaft zum Berufsrisiko eines Beamten. Bei der Schiesserei lagen die kugelsicheren Westen der beiden Beamten im Patrouillenfahrzeug. Dietrich sagte, das Anziehen der Westen liege im Ermessen der Beamten. Ihnen sei kein Vorwurf zu machen. Aufgrund der Lage hätten sie nicht von einer besonders gefährlichen Situation ausgehen müssen. Gemäss ihm vorliegenden Informationen hätten sie gemeint, es mit einem Schlepper zu tun zu haben.

Villiger drückt Beileid aus

Bundesrat Kaspar Villiger, als Vorsteher des Finanzdepartements auch Chef der Zollverwaltung, drückte am Samstag den Angehörigen des getöteten Beamten sein Beileid aus. Er bedauerte die zunehmende Gewaltbereitschaft. Schon im Februar vor einem Jahr kam es an der Schweizer Grenze - damals in Konstanz/Kreuzlingen - zu einem tödlichen Schusswechsel. Ein 28jähriger, in der Schweiz lebender Italiener erschoss einen deutschen und einen Schweizer Grenzbeamten.

Im Gefolge dieses Mordes beschloss die Zollverwaltung verschiedene Massnahmen. So werden kugelsichere Unterzieh-Westen angeschafft, die allerdings erst ab Herbst abgegeben werden. Zu diesem Zeitpunkt erhalten die Grenzbeamten auch Pfeffersprays. Seit Mitte 1998 gibt es nur noch «Dienst zu zweit».