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Presseartikel

 
Donnerstag, 20. Jan 2011

«Ruggell wird gastronomiearm»

Wieder stirbt ein Stück Tradition: Café Öhri in Ruggell schliesst Ende Februar 2011

Ruggell - Nicht schon wieder, möchte man meinen. Wieder geht ein Stück «Beizen-Tradition» verloren. «Nach 42 Jahren sind wir einfach müde», erklärt Karl-Heinz Oehri, Inhaber des Café Öhri gegenüber dem «Volksblatt».

Gestern, kurz nach Mittag: Es ist voll im Café Öhri in Ruggell. Der Geruch zahlreicher Mittagessen liegt noch in der Luft. In der Küche klappern Geschirr und Teller. An der Bar sitzen einige Gäste und unterhalten sich, trinken Kaffee. Über zu wenig Kundschaft kann man sich hier zumindest in dieser Momentaufnahme offensichtlich nicht beklagen. Karl-Heinz Öhri nimmt sich etwas Zeit für das «Volksblatt», beginnt in seiner unnachahmlichen Art und Weise zu erzählen und zu gestikulieren. Spricht über die schönen Seiten seines Berufes. Aber auch über den Knochenjob. «Ich hab oft nur ein oder zwei Stunden geschlafen und manchmal gar nicht.»

Nachfolge gescheitert

Das Herzblut im Gastronomen ist deutlich zu spüren. Doch es scheint so, als ob sich Öhri mit seiner Entscheidung abgefunden hat. «Die Entscheidung ist über zehn Jahre gereift und nun ist es halt so.» Gastronom zu sein sei schwieriger geworden. Das Konsumverhalten habe sich verändert. Auch das Stammtischverhalten. «Heute waren es am Mittag 40 Essen, morgen sind es vielleicht nur 15 - das Geschäft ist kaum zu kalkulieren», berichtet Reto Öhri, der Sohn des Seniors. Rund ein Jahr lang hat er es versucht. Am Ende mussten Vater und Sohn einsehen, dass die Nachfolge gescheitert ist.

Lebendige Zeitgeschichte

Mittlerweile hat der Senior das Gästebuch geholt und blättert in dem Stück Zeitgeschichte. Autogrammkarten, persönliche Widmungen und Zeichnungen. Fussballprofi Mario Frick, die Nationalmannschaft, Radstars, Spitzensportler aus allen Bereichen und sogar eine Delegation ungarischer Bürgermeister. Alles, was in den vergangenen Jahrzehnten in Sport, Politik und Kultur Rang und Namen hatte oder auch noch immer hat, findet sich in dem Gästebuch wieder. «Das Café Öhri war über Jahrzehnte der Treffpunkt in Ruggell», sagt Karl-Heinz Öhri und immer neue Anekdoten fallen ihm plötzlich aus den vergangenen Jahrzehnten ein.

Vorsteher bedauert Schliessung

Die Gäste des Café Öhri wissen schon länger Bescheid. Und wenn «ihr» Café am 26. Februar schliesst - dann werden sie es wohl vermissen. «Ja, die Gäste sind natürlich traurig», räumt der Senior ein. Aber auch in Ruggell wird sich das Leben verändern, wie auch Vorsteher Ernst Büchel gegenüber dem «Volksblatt» sagt: «Das Café Öhri ist eine Traditionsgaststätte in Ruggell - die Bevölkerung ist natürlich nicht erfreut, dass es schliesst. Ruggell wird gastronomiearm.» Ab März wird es dann vorerst nur noch den Landgasthof Rössle geben. «In Ruggell würde etwas fehlen, wenn es nicht gelingen sollte, neue Pächter für das Café Öhri zu finden.» Darauf hofft auch die Familie Öhri. Am liebsten wäre ihnen ein Wirteehepaar. Jemand, der die Tradition des Familienbetriebes weiterführt.