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Presseartikel

 
Samstag, 10. Aug 2013

Biologe Fasel schwärmt: «Biber ist ein geila Siach »

Spurensuche Die Biber haben sich in Liechtenstein angesiedelt. Ihre Anzahl wächst und damit auch die Verantwortung, ihnen Schutz zu bieten und gleichzeitig Schäden durch Biber zu verhindern.

E in ausgewachsenes Tier misst einen Meter. Der Hinterfuss ist so gross wie eine männliche Handfläche. Das Gewicht des Tieres ist vergleichbar mit dem eines Rehs. Mit seinen Zähnen kann er nicht nur Bäume fällen, sondern sich gegen Füchse und andere Tiere wehren: Der Biber ist ein imposantes Tier, das nach über 200-jähriger Abwesenheit in Liechtenstein wieder eine Heimat gefunden hat. 2008 wurde erstmals einer dieser nachtaktiven Nager in Ruggell gesichtet. Seither ist ihnen Biologe Michael Fasel auf der Spur. Ausgerüstet mit Gummistiefel und Fotoapparat streift er entlang der Bachläufe durch dichtes Gebüsch. Der Biologe verfolgt die Einwanderung und Ausbreitung der Biber im Land, regel- mässige Fotos dokumentieren das Geschehen. «Es gibt mittlerweile drei, eventuell sogar vier Familien – zwei in Schaan, zwei in Ruggell», sagt Fasel. Spuren, sprich gefällte Bäume, seien aber auch schon in Triesen und Balzers entdeckt worden. «Das sind einzelne Biber auf Wanderschaft. Die Jungen müssen nach zwei Jahren von der Familie abwandern und sich ein eigenes Gebiet suchen.» Insgesamt rechnet Fasel mit rund 20 Bibern im Land. Und die Population wird weiter zunehmen, ist er sich sicher. Optimale Bedingungen finden die pelzigen Geselle vor allem in renaturierten Bachläufen, wie etwa beim Biotop Speckigraben in Schaan. Das Biotop wurde vor acht Jahren angelegt und ist rund einen Hektar gross. Seit zwei Jahren lebt hier eine Biberfamilie. «Hier sieht man, was die Tiere im Stande sind zu leisten», schwärmt Fasel. Mit dem Bau eines Dammes schafft der Biber schwach überschwemmte Gebiete. Das seichte Gewässer ist eine ideale Brutstätte für Jungfische und Insekten, und diese wiederum sind Nahrung für viele Vogelarten. Auch Pflanzen haben sich hier angesiedelt, die es früher nicht gegeben hat. Der Biber fördert die Biodiversität, sprich die Vielfalt der Natur, indem er neue Lebensräume schafft», erklärt Fasel. Das Biotop in Schaan präsentiert sich mittlerweile als Naturjuwel mit einer malerischen Sumpflandschaft und üppiger Vegetation.

Konflikte mit der Zivilisation

Unsere Landschaft ist dicht genutzt mit Verkehr, Landwirtschaft, Siedlungen, Infrastruktur, Gasleitungen, Abfluss- und Abwasserleitungen. Der Biber schert sich nicht um die Zivilisation, er breitet sich aus und zwar grossflächig. Aus ökologischer Sicht ist das erwünscht, aus wirtschaftlicher Sicht kann das Tier aber auch Probleme bereiten. So können durch Wasserstauungen landwirtschaftliche Drainagen gefährdet oder sogar Infrastrukturen geschädigt werden. «Wenn beispielsweise das Wasser des Speckigrabens aufgrund der Biberdämme zurückstaut bis ins Dorf, ist bei starkem Regen die Entwässerung der Strassen und der Kanalisationen nicht mehr gewährleistet. Überflutete Keller wären die Folge.» Weil also die Ausbreitung des Bibers nicht unbegrenzt vonstatten gehen kann, ist die Beobachtung der Tiere wichtig. «Jedes Bibervorkommen muss vor Ort begutachtet werden, ob und in welchem Ausmass der Nager seine Aktivitäten fortsetzten darf», so Fasel. Eine intensive Zusammenarbeit mit der Gemeinde und den Experten sei hier unabdingbar. Nur so könne gewährleistet werden, dass der Biber keinen Schaden anrichtet. «Ich bin kein radikaler Naturschützer, der den Biber um jeden Preis schützen will und die Menschen in den Hintergrund stellt. Das ist unrealistisch. Man soll jedoch den Biber dort fördern, wo es möglich ist. Wie etwa hier im Biotop Speckigraben.» Doch auch dort sind Gemeindearbeiter gefordert, den Wasserspiegel auf einer bestimmten Höhe zu halten. Denn der Biber würde immer weiterbauen und das Wasser nach oben treiben. «Bescheidenheit gehört nicht zu seinen Stärken», schmunzelt der Biologe.
Michael Fasel erforscht schon seit er denken kann die Natur. «Sobald ich gehen konnte, hat mich mein Vater mit in die Berge genommen. Er war begeisterter Naturfotograf und hat mir alles beigebracht. Nach der Matura habe ich das Biologiestudium absolviert – sozusagen die Theorie zur Praxis gelernt.» Doch auch nach dem Studium und jahrelanger Erfahrung erfährt Fasel immer wieder Neues: «Der Biber hält sich an keine Lehrbücher und verändert die Landschaft in einer Weise, die wir uns Biologen nur schwer vorstellen können. Er lehrt uns, was Naturschutz in der Praxis bedeutet. Er ist einfach ein geila Siach. »