suche navigation

Presseartikel

 
Freitag, 04. Apr 2014

Wohnen und Leben im Alter – Gemeinden rüsten sich für Zukunft

Wohnen mit Assistenz

Projekt Die demografische Entwicklung zeigt, dass sich die Altersstruktur stetig nach oben entwickelt. Ruggell, Gamprin-Bendern und Schellenberg wollen sich gemeinsam um die Wohn- und Lebenssituation der betagten Bürger kümmern.

Ein gewaltiger Umbruch der Gesellschaft steht bevor. Es ist der demografische Wandel, der in den kommenden Jahren volle Fahrt aufnehmen wird. Der Anteil der Senioren an der Bevölkerung nimmt stetig zu: Im Jahr 2030 hat sich die Zahl der über 65-Jährigen und über 80-Jährigen im Gegensatz zu heute nahezu verdoppelt, während die Zahl der restlichen Bevölkerung so gut wie stagniert. Mit dem demografischen Wandel verändern sich die Familienstrukturen und die Finanzierbarkeit von Betreuung und Pflege im Alter wird ein zentrales Thema werden. Während Liechtenstein heute rund 450 Pflegefälle im Land verzeichnet, werden für das Jahr 2060 rund 2500 Pflegefälle prognostiziert. Dementsprechend steigen die Kosten: 2015 rechnen die Experten mit rund 28,4 Millionen Franken an Pflegekosten, 2060 werden es voraussichtlich 147,1 Millionen Franken sein. Daraus wird sich ein veränderter Bedarf an Wohn- und Lebensformen ergeben. Diese Veränderungen bringen Herausforderungen und Chancen für die Gemeinden und die Gesellschaft mit sich.

Rechtzeitige Vorbereitung

Mit dem Projekt «Wohnen und Leben im Alter» machen sich die drei Gemeinden Ruggell, Gamprin-Bendern und Schellenberg auf die Suche nach geeigneten Lösungen und wollen dabei vor allem die Bürger selbst miteinbeziehen. Das gesamte Projekt ist auf vier Jahre ausgelegt. In diesem Jahr stehen vor allem die Weitergabe von Informationen und das Aufzeigen der gesellschaftlichen Veränderungen im Mittelpunkt. Gestern fand im Gampriner Gemeindesaal die erste Informationsveranstaltung statt. «Um geeignete Lösungen zu finden, ist eine fundierte, sachliche Analyse erforderlich», führte Donath Oehri, Gemeindevorsteher von Gamprin-Bendern, aus. Eine erste Befragung der über 50-Jährigen fand in den vergangenen Monaten statt, die Auswertung soll erste Aufschlüsse darüber geben, welche Bedürfnisse die Bewohner in den drei Gemeinden haben. 2015 bis 2017 werden die Bedürfnisse, Wünsche und Anliegen der Wohnbevölkerung in die Ausgestaltung künftiger Wohn- und Lebensformen einflies-sen, 2018 soll dann eine Standortbestimmung und schliesslich die Umsetzung erfolgen. Doch bis dahin ist noch ein weiter Weg.
Mit seinem Referat «Ergrauendes Liechtenstein; Glücksfall oder Störfall?» zeigte Ulrich Otto, Leiter des Kompetenzzentrums Generationen an der Fachhochschule St. Gallen, die Dimensionen des demografischen Wandels. «Heute wird Alter noch vielfach mit Abbau, Beschwerlichkeit und Last verbunden. Während die Lebenstreppe früher ab 50 bergab ging, geht sie heute bergauf. Der Lebenslauf wird fortgesetzt», sagte Otto. Der demografische Wandel dürfe daher nicht nur auf zwei Themen, wie die Frage der Finanzierbarkeit des Pensionssystems und die Frage der Altenpflege, reduziert werden. Heute seien die älteren Menschen gesünder und hätten unterschiedliche Bedürfnisse.

Verschiedene Modelle

Ulrich Otto gab aber auch zu bedenken, dass immer mehr Menschen aufgrund von Scheidung, Verwittwung oder Kinderlosigkeit, alleine alt werden. «Die Einpersonen-Haushalte haben sich von 1980 bis 2010 mehr als verdoppelt und werden weiterhin zunehmen», ist der Experte überzeugt. Zunehmen werde auch die Anzahl der Demenz-Erkrankungen, wobei die pflegenden Angehörigen bereits heute überfordert seien. Deshalb heisse es frühzeitig, die richtigen Weichen zu stellen. Otto informierte über unterschiedliche Gesellschaftsmodelle, vom Pflegeheim über das geplante Demenzdorf Wiedlisbach (CH) oder die Nachbarschaftshilfe in der eigenen Gemeinde. Er betonte, dass das Wohnen nicht nur Versorgung, Unterkunft und Verpflegung bedeute. Die nachbarschaftliche und ehrenamtliche Hilfe müsse forciert werden.